"Bei Stress wird die Haut nicht mehr optimal versorgt"
Dr-Anna-Lena-Kuhlo

 

Liebe Lena, gibt es einen Zusammenhang zwischen Hautzustand und Stressniveau? 

Ja eindeutig. Wir beobachten dieses Phänomen im täglichen Leben: Wenn wir Stress haben, sieht die Haut oft fahl und blass aus. Außerdem können sich bestehende Hauterkrankungen wie Akne oder Ekzemerkrankungen verschlechtern und im schlimmsten Fall zum Beispiel auch Haarausfall oder Gürtelrose auftreten.

 

Was passiert mit unserer Haut, wenn wir gestresst sind?

Bei erhöhtem Stressniveau steigt unser körpereigener Cortisol-Spiegel. Cortisol ist ein Stresshormon, das kurzfristig Energiereserven bereitstellt (Fight-or-Flight-Reaktion) und dafür sorgt, dass unsere lebenswichtigen Organe mit Blut und Nährstoffen versorgt werden. Nach dem Prinzip der letzten Wiese (Anm.: medizinischer Ausdruck für den Versorgungsmangel bestimmter Zellen) geht unsere Haut dabei häufig leer aus. Das heißt sie wird nicht mehr optimal versorgt, wird zunehmend trockener (wodurch sich unter anderem auch Ekzemerkrankungen verschlechtern), fahler und störanfälliger. 

Bei länger andauerndem Stress wird durch die Verschiebung des Hormongleichgewichts zusätzlich die Talgproduktion erhöht. Dadurch entstehen Pickel bzw. Akne oder akneähnliche Erkrankungen wie zum Beispiel Rosacea. Hinzu kommt, dass bei länger erhöhtem Cortisol im Blut auch der Blutzucker dauerhaft steigt, was wiederum unsere Lust auf kohlenhydratreiches, eher ungesundes Essen fördert. Wir nehmen dann zum Beispiel mehr Fast Food oder Süßes zu uns, was wiederum schlecht für die Haut ist – ein wahrer Teufelskreis!

"Auch Schlafmangel und falsche Ernährung beeinflussen unser Hautbild" 

Welche Stressauslöser können unser Hautbild beeinflussen? 

Leider sind wir ganz schön vielen Stressoren ausgesetzt. Umwelteinflüsse wie Abgase oder UV-Einstrahlung beispielsweise führen vermehrt zu oxidativem Stress. Durch diese biochemischen Reaktionen entstehen freie Radikale in der Haut, die unter anderem Schäden in der DNA, Hautunreinheiten und schnellere Hautalterung begünstigen. Ein weiterer Umweltstressor ist Zigarettenrauch: Er kann wichtige Reparatursysteme in der Haut hemmen und Entzündungsregulatoren behindern. Auch Schlafmangel beeinflusst unser Hautbild: Wenn wir zu wenig Schlaf bekommen, kann sich die Blutversorgung im Körper verschlechtern, wodurch die Haut weniger mit wichtigen Nährstoffen versorgt wird. 

Falsche Ernährung kann sich ebenfalls negativ auf die Hautgesundheit auswirken. Nimmt man zu viel Fast Food und fettiges Essen zu sich, steigt zum Beispiel der Blutzuckerspiegel und die Talgproduktion erhöht sich. Zu viel Zucker fördert zusätzlich proinflammatorische Prozesse, wirkt also entzündungsfördernd und zu salziges Essen entzieht dem Körper – und damit der Haut – Feuchtigkeit und lässt sie buchstäblich alt aussehen. Fast Food enthält außerdem meistens weniger Vitamine und wichtige Spurenelemente, die für eine optimale Ernährung auch der Haut wichtig wären.

 

Inwiefern kann Hautpflege helfen, solche Belastungen auszugleichen?

Mit der richtigen Hautpflege lässt sich glücklicherweise eine Menge ausrichten. Zum einen kann sie viel Feuchtigkeit spenden und die Hautbarriere stärken. Außerdem können enthaltene Radikalfänger den oxidativen Stress in der Haut mindern und antientzündliche Inhaltsstoffe wirken der Bildung von Pickeln und Rötungen entgegen.

Allen Maßnahmen voran sollte man unbedingt einen möglichst hohen UV-Schutz auftragen, um das Hautkrebsrisiko zu mindern. Und zwar immer und überall – und bei nahezu jedem Wetter. Vor allem, wenn Peelings oder Retinol zur Pflegeroutine gehören, weil sie die Haut noch sonnenempfindlicher machen. Außerdem sind Cleanser ganz wichtig, um Schmutz und Talg von der Haut zu entfernen – am besten in Kombination mit einem leichten chemischen Peeling, um auch alte Hautzellen loszuwerden. Ich empfehle auf jeden Fall, sich sowohl morgens als auch abends das Gesicht zu waschen. Und bitte nicht mit Make-up schlafen gehen. 

"Die perfekte Hautpflege sollte nicht nur von den Inhaltsstoffen her zu mir passen, sondern auch zu meinem persönlichen Lifestyle." 

Welche Inhaltsstoffe helfen konkret gegen müde und gestresste Haut?

Die gute Nachricht ist: Viele Inhaltsstoffe haben gleich mehrere positive Effekte. Die Hautbarriere stärken und Feuchtigkeit spenden können Ceramide, Hyaluron, Glycerin, Peptide, Urea, Panthenol und Squalan besonders gut. Zuverlässige Radikalfänger sind z. B. die Vitamine C und E – besonders in Kombination –, die zusätzlich auch die Kollagenbildung anregen. Antientzündlich wirken z. B. Azelainsäure, Lakritzwurzel, Niacinamid, Allantoin, Grüntee-Extrakt, Zink und Aloe Vera. 

 

Worauf sollte ich bei der Auswahl meiner Hautpflege sonst noch achten?

Ganz grundsätzlich: Die individuell perfekte Hautpflege sollte nicht nur von den Inhaltsstoffen her zu mir passen, sondern auch zu meinem persönlichen Lifestyle. Beauty-Enthusiasten, die sich viel mit dem Thema Skincare beschäftigen, brauchen sicher eine andere Pflegeroutine als Hautpflegemuffel, denen es schon zu viel ist, sich einmal am Tag einzucremen. Insofern ist es ratsam, neue Produkte in einer Testphase auszuprobieren, am besten mit System, also nacheinander und beobachtend. 

 

Und was kann ich über die richtige Hautpflege hinaus sonst noch tun?

Ausreichend Schlaf ist tatsächlich essentiell. Außerdem ist es wichtig, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen, sich möglichst vielfältig und gesund zu ernähren und, wenn es zeitlich machbar ist, auch sportlich aktiv zu sein. Ansonsten ist es ratsam, Stressfaktoren wie Rauchen, Alkohol oder Fast Food zu vermeiden. Genauso wie UV-Strahlung: Die Haut ist vielleicht für kurze Zeit schön braun, aber auf Dauer verliert die Haut deutlich an Spannkraft. Deshalb kann ich gar nicht oft genug betonen, wie wichtig täglicher Sonnenschutz ist.